verfasst von Prof. Dr. H. Geißler am 19. 07. 2022
Einzelpersonen oder Gruppen beziehen sich bei ihren Aktivitäten, also z.B. bei ihren Handeln, Planen, Diskutieren, Überprüfen oder auch bei ihrem Nachdenken immer entweder auf sich selbst oder auf andere oder anderes. Dabei wird die Bezugnahme auf andere oder anderes als Fremdreferenzialität und die Bezugnahme auf sich selbst als Selbstreferenzialität bezeichnet.
Das systemtheoretische Denken, und hier vor allem die soziologische Theorie von Niklas Luhmann hat gezeigt, dass jede Fremdreferenzialität notwendigerweise immer auch eine bestimmte Selbstreferenzialität impliziert. Und auch das Umgekehrt gilt. Denn wenn man sich auf sich selbst bezieht, grenzt man sich - zumindest impllizit - immer in einer bestimmten Weise von anderen ab.
Diese Bezugnahme auf sich selbst und auf andere bzw. anderes kann in zwei unterschiedlichen Haltungen erfolgen, nämlich
Diese Verbindung von Objekt- und Subjektreferenzialität und die so bedingte Erweiterung der Wahrnehmungs- und Denkperspektive ist auch für den Begriff und das Konzept der Bildung - und damit auch für Coaching - grundlegend.
Denn Coaching sollte als ein Aufklärungsdialog und Problemlösungsprozess konzipiert und praktiziert werden, in dem das Denken und Handeln der Coachees vorrangig selbst- und subjektreferenziell ausgerichtet ist.
Daraus leiten sich zwei zentrale Aufgaben für professionelle Coaches ab, nämlich erstens, dass sie ihre Coachees systematisch anregen, vor allem auf sich selbst zu schauen und nicht der Versuchung zu erliegen, die Ursachen ihrer Problematik primär bei anderen oder bei ihren widrigen Lebensumständen zu suchen. Und zweitens ist es wichtig, sie zu ermutigen, dabei liebevoll auf das zu schauen, was da objektiv vorliegt und zu sehen ist.
Literatur:
Geißler, H. (2000). Organisationspädagogik. München: Vahlen
Luhmann, N. (1984). Soziale Systeme. Frankfurt/M.: Suhrkamp