Aufstellungsarbeit

verfasst von Prof. Dr. H. Geißler  am 19. 07. 2022

Aufstellungsarbeit ist ein Verfahren, das in der Psychotherapie entwickelt wurde, und zwar ursprünglich zunächst in der Familientherapie. Der Grundgedanke dieses Verfahrens, dessen konzeptionellen Ursprünge eng mit der Arbeit und den Schriften von Bert Hellinger und Virginia Satir verbunden sind, ist, etwas sichtbar zu machen, was oft eine wichtige Ursache psychischer Störungen ist und nicht zuletzt deshalb so wirkmächtig ist, weil es nicht direkt sichtbar ist, nämlich die Beziehungen zu anderen Familienmitgliedern, und zwar nicht nur zu denen, die noch leben, sondern auch zu bereits verstorbenen.

Diese Beziehungen lassen sich in therapeutischen Sitzungen, die in einer Gruppe durchgeführt werden, mithilfe von sogenannten Stellvertretern sichtbar machen, indem die Person, die ihre familiären Beziehungen klären möchte, für jedes ihrer - nicht anwesenden - Familienmitglieder ein passend erscheinendes Gruppenmitglied auswählt und in dem zunächst leeren Raum aufstellt. Dabei ist nicht nur die Wahl der betreffenden Person wichtig, sondern auch, wie sie im Raum positioniert wird, also in nahe oder weit weg sie von anderen Stellvertretern steht, zu wem sie hinschaut und welche Körperhaltung sie einnimmt.

Der Grundgedanke dieses Verfahrens, das letztlich immer auf die Aufklärung bisher unerkannten Zusammenhänge zielt, erfuhr eine vierfache Weiterentwicklung.

Die erste bestand darin, Aufstellungsarbeit nicht nur in der Psychotherapie einzusetzen, sondern auch im Coaching und in der Organisationsberatung.

Die zweite Weiterentwicklung war, zusätzlich oder alternativ mit gegenständlichen Stellvertretern zu arbeiten, also mit Natursteinen, Holzfiguren oder Puppen zu arbeiten, die auf dem Boden oder Tisch positioniert werden.

Hierzu kam drittens hinzu, mithilfe dieser Gegenstände nicht nur auf Familienmitglieder zu visualisieren, sondern auch

·       Personen anderer sozialer Praxen, also z.B. Kolleginnen und Vorgesetzte,

·       Organisationseinheiten bzw. -bereiche,

·       Organisationsstrategien,

·       Managementprobleme

·       und last not least auch verschiedene Persönlichkeitsanteile ein und derselben Person.

Der vierte Weiterentwicklungsschritt bestand schließlich darin, diese Gegenstände und die Räume, in denen sie zu positionieren waren, zu digitalisieren. Auf diese Weise entstanden 2D- und 3D-visuelle Tools, die virtuelle Welten mit Avataren in Gestalt von Menschen, Tieren, Fabelwesen, Pflanzen und Gegenständen anbieten.

 

Literatur

Geißler, H. & Rödel S. (2023). Praxishandbuch professionelles Online-Coaching. Weinheim, Basel: Beltz