verfasst von Prof. Dr. H. Geißler  am 19. 07. 2022
    Embodiment bezieht sich auf Coaching-Interventionen, mit denen Coachees angeregt werden, intensiv zu ihren Gefühls- und Körperwahrnehmungen hinzuspüren. Diese Aktivität ist eine extrem
    wichtige Ressource für ihre Problemlösung, denn man kann davon ausgehen, dass in diesen Wahrnehmungen eine tiefe Weisheit steckt. Aus diesem Grunde
    haben diese Aktivitäten den Status eines psychischen
    Problemlösungsmediums .
    Dieses optimal zu erschließen und zu nutzen, ist ein zentrales Anliegen hyposystemischen Online-Coachings. In seinem Mittelpunkt steht deshalb die Frage, wie die verschiedenen Coachingmedien methodisch so gestaltet werden
    können, dass sie die Coachee intensiv zu Gefühls- und Körperwahrnehmungen anregen.
    Diese Frage lenkt den Blick auf folgende Möglichkeiten:
    - Der Coach kann den/die Coachee im mündlichen Dialog anregen, an eine bestimmte Situation oder Szene zu denken und zu den Gefühlen- und Körperwahrnehmungen hinzuspüren, die sich dabei
    einstellen. In einem nächsten Schritt kann man die Coachees dann auch noch bitten, eine passende Körperhaltung einzunehmen und hinzuspüren, wo welche Gefühle wahrgenommen werden und was sie sagen
    würden, wenn sie eine Stimme hätten.
    
- Diese Impulse können auch von einer schriftlichen Frage bzw. Aufforderung eines digital-textbasierten Coaching-Tools ausgehen.
    
- Es ist sinnvoll, diese Tools mit immersiver Bildarbeit zu verbinden, d.h. Coachee zu bitten, aus einem Pool ein digitales Bild auszuwählen, das z.B. die Zielvorstellung
    des/der Coachee angemessen visualisiert. Wenn der/die Coachee in dieses Bild erlebensmäßig eintaucht, stellen sich sozusagen automatisch bestimmte Gefühls- und Körperwahrnehmungen ein, in
    denen die Weisheit des Körpers sich zu Wort meldet.
    
- Die vielleicht interessanteste Möglichkeit ist schließlich die Nutzung 3D-visueller Tools, die Avatare in virtuellen Welten anbieten, wie z.B. die
    Coachingplattform "ProReal" (Geißler & Rödel 2023, S. 258-264). Denn hier werden Avatare
    angeboten, die gefühlsexpressive Körperbewegungen ausführen können. Es ist deshalb möglich, die Coachees aufzufordern, diejenigen Körperbewegungen auszuwählen, die die eigenen aktuellen
    Gefühle am besten visualisieren. In einem nächsten Schritt kann man die Coachees dann anregen, diese Körperbewegungen selbst zu vollziehen und zu den Gefühlen hinzuspüren, die sich dabei
    einstellen.
    
     
    Literatur
    Geißler, H. & Rödel, S. (2023). Praxishandbuch professionelles Online-Coaching. Weinheim, Basel: Beltz
    Schmidt, G. (2004). Liebesaffären zwischen Problem und Lösung. Hypnosystemisches Arbeiten in schwierigen
    Kontexten. Heidelberg: Carl Auer Verlag
    Storch, M. & Weber, J. (2018). Embodiment und seine Bedeutung für das Coaching. In S. Greif, H. Möller
    & W. Scholl (Hrsg.), Handbuch Schlüsselkonzepte im Coaching (S. 125-134).
    Wiesbaden: Springer.